Wir sehnen uns nach Momenten der Entspannung – und greifen dafür immer häufiger zum Smartphone. Dabei löst ständiger Social-Media-Konsum eher Stress und negative Emotionen aus. Digital Detox ist eine Form des achtsamen Umgangs mit den sozialen Medien und digitalen Endgeräten. Diese Tipps können dir dabei helfen.
Kennst du das? Du steigst morgens in den Bus oder in die Bahn – und fast jeder um dich herum starrt auf sein Smartphone. Niemand sieht, wie die ersten bunten Blätter von den Bäumen fallen. Oder dass heute die Mama den kleinen Jungen mit den vielen Sommersprossen zur Kita bringt – statt des Papas, wie sonst immer. Also beginnt auch niemand, darüber zu sinnieren, warum das heute so ist. Dabei sind diese Tagträume so wichtig für den Kopf, für das Loslassen vom eigenen Alltagsstress und für die kleinen Momente der Erholung.
Solche Flow-Effekte sind aber mittlerweile fast nur noch möglich, wenn wir es mithilfe von Digital-Detox-Strategien schaffen, die Finger vom Smartphone zu lassen. Denn die Realität sieht anders aus: So sagen 68 Prozent der 18- bis 34-Jährigen von sich, dass sie sofort nach dem Aufstehen ihre Nachrichten checken. Und 61 Prozent der 18- bis 24-Jährigen nutzen das Smartphone sogar beim Essen. Häufig steckt hinter dieser Intensivnutzung von Social Media und Co. nicht einmal echtes Interesse, sondern es ist einfach ein Reflex, eine willkommene Ablenkung von eigenen Gedanken oder dem „anstrengenden“ echten Leben. Unter der ständigen Aufnahme von Bildern und Informationen aber leidet die Aufmerksamkeitsspanne und das Stresslevel steigt.
Viele Menschen haben die negativen Effekte der eigenen Smartphone-Nutzung bereits selbst erkannt und betrachten dies durchaus kritisch. Sie berichten von Einschlafproblemen, sozialen Einschränkungen und Zwangsverhalten. Sie wissen, dass es ihnen schadet – schaffen es aber nicht, aktiv etwas daran zu ändern. Das hängt auch mit dem Belohnungseffekt zusammen: Leicht verdaulicher, schneller Content, der uns anspricht, führt zu einer Dopamin-Ausschüttung. Der Glücksbotenstoff löst ein kurzzeitiges Wohlgefühl in uns aus. Von dem wollen wir immer mehr.
Digital Detox ist hier eine wertvolle Strategie, um wieder zu einem achtsameren Umgang mit Smartphone und Social Media zu finden.
Hier sind ein paar Digital-Detox-Tipps, die dir helfen könnten:
Tipp Nr. 1: Bewusstsein schaffen für deine Nutzung und ihre Folgen
Als Erstes mach dir klar, wie hoch deine tägliche Social-Media-Nutzung ist. Wie lange guckst du warum welchen Content, welche Emotionen hast du dabei und wovon hält es dich ab? Wie oft schreibst du Nachrichten an deine Kontakte und mit welcher Absicht? Oder wie häufig erstellst du selbst neuen Content, in der Hoffnung auf viele Likes? Solch eine ehrliche Reflexion ist der erste Schritt, etwas zu ändern. Vor allem, wenn du feststellst, dass du Konzentrationsprobleme hast, schlecht schläfst, dich von negativen Nachrichten und Kommentaren beeinträchtigen lässt und kaum noch Zeit für Hobbys oder echte soziale Kontakte bleibt.
Tipp Nr. 2: Push-Nachrichten deaktivieren
Hand aufs Herz: Die wenigsten Informationen, die du jeden Tag zu Gesicht bekommst, sind wirklich relevant für dich. Newsletter, die du ohnehin nicht liest, bestellst du besser ab. Apps, die unwichtig sind für deinen Tagesverlauf, stellst du stumm. Und deinen Liebsten sagst du, dass sie dich anrufen sollen, wenn etwas ganz dringend ist – ansonsten liest du deine Nachrichten nur in festen Zeitschienen.
Tipp Nr. 3: Smartphone aus dem Schlafzimmer verbannen
Gegen das Handy am Bett spricht vieles: Selbst, wenn das Smartphone auf Vibration gestellt ist, nimmt unser Unterbewusstsein im Leichtschlaf noch Geräusche wahr. Außerdem sind wir geneigt, kurz vorm Schlafen noch einmal die sozialen Netzwerke zu durchforsten – und bleiben daran hängen. Dabei sind wir Blaulichtemissionen ausgesetzt, die wiederum die Ausschüttung des wichtigen Schlafhormons Melatonin behindern.
Tipp Nr. 4: Apps reduzieren und fokussiert nutzen
Räume deine Apps rigoros auf. Die wichtigsten für die tägliche Kommunikation bleiben da, für alle anderen kannst du mit dir selbst eine Challenge vereinbaren: Du darfst jede Woche nur eine dieser Apps nutzen. So lernst du, von den anderen Kanälen loszulassen und – wenn der aktuelle Kanal der Woche „leergeguckt“ ist – etwas anderes zu machen.
Tipp Nr. 5: Bildschirmzeit einschränken, Handy wegschließen
Mithilfe von Apps kannst du deine tägliche Bildschirmzeit begrenzen. Wenn du mit deiner Familie zusammensitzt und isst, kommen alle Smartphones in einen Schuhkarton. Am besten auch, wenn ihr zusammen einen Film schaut. Nimm dir außerdem vor, dein Handy immer wegzulegen, wenn du mit jemandem sprichst. Nur so kannst du dich voll auf das Gespräch, die Mimik und die Stimmung deines Gegenübers konzentrieren. Oder wahrnehmen, dass die ersten Blätter fallen.
Tipp Nr. 6: Negativen Content vermeiden
Stellst du fest, dass dich dein TikTok- oder Instagram-Feed runterzieht, versuche, ihn aktiv zu beeinflussen, indem du konsequent nur mit positivem Content interagierst. Bei Instagram gibt es in den persönlichen Einstellungen die Option, „sensible“ Inhalte herauszufiltern. Dabei handelt es sich um vom Algorithmus ausgespielten Content, den das Instagram-Team selbst als potenziell mental beeinträchtigend einstuft. Das gilt aber nicht für Inhalte von Accounts, denen du folgst – diesen musst du aktiv entfolgen. Wenn du unbelastet neu starten möchtest, könntest du dir einen komplett neuen Account anlegen, sofern die Richtlinien des sozialen Netzwerks dies erlauben.
Tipp Nr. 7: Echte Erlebnisse sind die besseren „Live“-Events
Natürlich lösen auch TikToks oder Reels Emotionen in uns aus. Aber dahinter stecken oft sehr oberflächliche Geschichten, die manchmal auch manipulativ sind. Denn der Algorithmus füllt unseren Feed bevorzugt mit Dingen, die uns in irgendeiner Weise erregen. Besser ist es, wenn diese Reize und Emotionen von realen Erlebnissen und echten Menschen ausgelöst werden. Menschen, die auf uns reagieren und uns positiv bestärken oder auch mal kritisieren. So können wir uns emotional weiterentwickeln und gleichzeitig soziale Kontakte vertiefen. Und ein ausgesprochenes „Ich mag dich sehr“ geht sehr viel tiefer als jedes Herz-Emoji.
Solltest du das Gefühl haben, du selbst oder ein Familienangehöriger braucht Hilfe dabei, seinen Social-Media- oder Internetkonsum zu reduzieren, holt euch therapeutische Hilfe. Ein Therapeut kann besser zwischen einem problematischen Medienkonsum und einem süchtigen Internetnutzungsverhalten unterscheiden.
Du möchtest deine Gedanken mal abschalten, ohne zum Smartphone zu greifen? Stopp dein Gedankenkarussell mit dieser Übung von Achtsamkeits-Coach Michael "Curse" Kurth.