Durch eine achtsame Kommunikation miteinander können wir unsere Beziehungen zueinander verbessern, erklärt der Forscher und Psychologe Dr. Ulrich Ott von der Justus-Liebig-Universität Gießen.
Der Experte zum Thema
Dr. Ulrich Ott
Psychologe und Meditationsforscher
Justus-Liebig-Universität Gießen
1. Nutze Übergangsmomente
Egal, ob beim Aufstehen, Kaffeetrinken oder Ankommen zu Hause: Überall gibt es Übergangsmomente – sie eignen sich besonders gut, um inne zu halten, sagt Ulrich Ott. Statt in die Küche zu stürmen und zu fragen, was es zu essen gibt, ist es achtsamer, erst den Raum wahrzunehmen, die eigenen Gedanken zu ordnen und den anderen zu fragen, wie es ihm geht. So können wir die Kommunikation achtsam gestalten – sodass es beiden guttut.
2. Nimm wahr, auf welcher Ebene der andere kommuniziert
Kommunizieren ist mehr als ein bloßes Weitergeben von Inhalten. Wenn wir mit anderen sprechen, vermitteln wir mit unseren Worten auch Gefühle, Erwartungen und Befürchtungen. „Selbst wenn es um Fakten geht, gibt es immer auch eine emotionale Ebene“, sagt der Psychologe. So kann selbst in einfachen Botschaften wie „Die Ampel ist grün“ eine emotionale Botschaft versteckt sein – ein genervtes „drück doch mal aufs Gas“ etwa. Wenn wir solch eine Absicht bemerken, können wir die andere Person gezielt danach fragen, erklärt Ott. Durch dieses achtsame Reden und Zuhören verhindern wir, dass sich negative Gefühle aufstauen und Missverständnisse entstehen.
3. Hör zu
Pausen machen, den anderen beobachten, auf dessen Gefühle achten. Wer beim Erzählten immer mal wieder nachhakt und mehr wissen will, anstatt mit einer Geschichte von oder über sich selbst anzuschließen, zeigt dem anderen seine Wertschätzung. Auch wenn im Gespräch ein längeres Schweigen entsteht, ist das für Ott kein Manko, sondern eher ein Vorteil: „Dieses ständige Rennen um Aufmerksamkeit ist etwas Störendes. Wir müssten wieder lernen, besser zuzuhören.“
4. Nimm die andere Person wie einen Fremden wahr
Oft reden wir mit einem „Abziehbild“ von einer Person, erklärt der Psychologe. Wir denken, wir kennen den Menschen ja schon, wissen wie er fühlt, aber eigentlich reden wir nur mit unserer Erinnerung. Durch bestimmte Übungen könnten wir uns schulen, Veränderungen zu bemerken. Zum Beispiel wenn man achtsam spazieren geht und versucht, auf alten Wegen Neues zu entdecken. Dieselbe Achtsamkeit können wir unseren Gesprächspartnern entgegenbringen: Vielleicht hat sich die Stimmung des Partners verändert, seitdem du dich am Morgen verabschiedet hast. Vielleicht hat sich der Freund schon vor einem halben Jahr geändert, als ein geliebter Mensch gestorben ist. Achtsame Kommunikation bedeutet, dass man sich der Person im Hier und Jetzt bewusst wird – immer wieder aufs Neue.
Auf Seite 2 erfährst du, wie du Menschen bedingungslos annehmen kannst.