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Frau im Rollstuhl arbeitet am Laptop

Slow work: Einfach mal halblang machen

ArtikelLesezeit: 2:00 min.

Kaum bist du im Büro, rast die Zeit. Die To-do-Liste ist lang, du arbeitest härter, schneller, lässt Pausen ausfallen und bürdest dir mehr Aufgaben auf. Diese Atemlosigkeit und Erschöpfung machen auf Dauer krank. Wirtschaftspsychologin Mell Baron erklärt, wie wir bewusster arbeiten – und somit auch gesünder.

Wer dauerhaft unter Stress arbeitet, heftiger in die Tasten greift, ein paar Schritte schneller geht und mal eben noch mehr Kunden bedient, riskiert auszubrennen. Der Burnout ist einer der häufigsten Symptome unter den psychischen Erkrankungen, wegen derer sich Arbeitnehmer arbeitsunfähig melden.

Unsere Arbeitswelt ist geprägt von Selbstoptimierungswahn und maximaler Effizienzsteigerung. Beim Slow Work Konzept geht es darum, uns wieder bewusst zu werden, dass wir Menschen sind und keine Maschinen. Ziel ist, realistisch mit unseren begrenzten Ressourcen, in Form von Zeit und Energie, zu haushalten. Selbst Maschinen haben begrenzte Kapazitäten – warum versuchen wir Menschen also immer noch mehr Produktivität rauszuquetschen?

Das Slow-Work-Konzept zielt darauf ab, das eigene Mindset zu ändern und sich zu öffnen für weniger Stress, weniger Leistungsorientierung, weniger Fremdkontrolle. Und stattdessen mehr Freude an der Arbeit, mehr soziale Momente, mehr Emotionen und eine bessere Gesundheit zu genießen. Slow Work bedeutet dabei nicht im wörtlichen Sinne langsamer zu arbeiten. Sondern bewusster mit der eigenen Energie zu haushalten und besser auf die eigenen Bedürfnisse zu hören, weniger reaktiv auf die äußeren Einflüsse zu reagieren und präsenter im Hier und Jetzt zu sein.

Expertenbild

Die Expertin zum Thema

Mell Baron

Expertin für achtsame Stressbewältigung & Wirtschaftspsychologin

Kalkuliere doppelt so viel Zeit ein

Hier kommt die Achtsamkeit zum Tragen: Schenke den Aufgaben des Tages Achtung. Das gelingt durch einen Tagesplan, den du morgens aufstellst. Darauf versiehst du jeden Punkt mit der doppelten Zeit, die du eigentlich dafür brauchen würdest. Reicht der Tag nicht für alle Punkte aus, setze Prioritäten, und alles, was Prio X hat, muss bis morgen warten. Oder übermorgen. Ab jetzt ist Multitasking übrigens tabu – es verbraucht überdurchschnittlich viel Energie und Zeit und macht anfällig für Fehler.

Menschliche Kontakte bringen dich voran

In deinen Tagesplan gehören auch regelmäßige Pausen. Diese Pausen kannst du für soziale Kontakte nutzen – zu Kollegen, zu Vorgesetzten oder zum Netzwerken über Social- oder Businessplattformen. Letztere können wichtig sein für deinen beruflichen Erfolg. Vielleicht sogar wichtiger, als dass du an jedem Arbeitstag 150 Prozent Leistung bringst. Für echte Erholung geh zu Fuß zur Arbeit oder gönn dir in der Mittagspause einen gesunden Snack und hör dabei einen Meditations-Podcast.

Du glaubst, mit Slow Work kommst du nie durch?

Wenn du jetzt denkst: „Das ist ja alles schön und gut, aber wie bekomme ich diese neue Art zu arbeiten bei meinen Vorgesetzten durch?“, dann lautet unser Tipp: Einfach offen ansprechen. Bitte um ein Gespräch, lege die Vorteile dar, diskutiere das möglichst offen. Vielleicht gibt es in deinem Unternehmen auch schon Ansätze, das Thema Mental Health umfassend zu etablieren, sodass es vom individuellen Bedürfnis zu einer Kultur für alle wird.

Es geht darum, unser grundsätzliches Leistungsverständnis zu hinterfragen: als Individuen und als Organisationen. Muss es wirklich immer “höher, schneller, weiter” sein oder geht es auch “achtsamer, bewusster, menschlicher?“

Voraussetzung: ein Mindset-Wandel auf beiden Seiten

Leider herrscht in vielen Unternehmen noch das Bild vor, dass langsam Arbeitende eher Low Performer sind. Das Entschleunigen wird als Schlechtleistung interpretiert, unterstützt von internem Wettbewerb unter Kollegen. Angesichts der hohen Zahl an psychischen Erkrankungen und Arbeitsausfällen sind Arbeitgeber schon aus wirtschaftlichen Gründen zu einem Mindset-Wandel gezwungen. Slow Work kann ein Ansatz sein. Ziel ist, ein Arbeitsumfeld zu schaffen, das gesund hält und zu Höchstleistung motiviert – nur in mehr Zeit, mit weniger Druck. Individuelle Arbeitsmodelle wie Slow Work können dazu beitragen, die Akzeptanz und Anerkennung von mehr Achtsamkeit am Arbeitsplatz zu fördern.

Nur, wenn wir unsere innere Haltung verändern, können wir auch unsere Art zu arbeiten verändern. Achtsam zu arbeiten, heißt nicht, weniger leistungsfähig zu sein. Wichtig ist, dich nicht vom kollektiven Leistungsdruck mitreißen zu lassen, sondern bei dir zu bleiben und eine innere Haltung der Gelassenheit zu kultivieren. Wenn du gelassener bist, färbt das auch positiv auf deine Kollegen ab.