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Work-Life-Blending – Mann sitzt im Wohnzimmer auf dem Fußboden und arbeitet mit Hund im Arm am Laptop

Work-Life-Blending – wenn Arbeit und Privatleben verschmelzen

ArtikelLesezeit: 3:00 min.

Beim Work-Life-Blending verschwindet die Trennung zwischen Arbeit und Privatleben. Zukunftsforscher Tristan Horx erklärt, was die Vorteile und Risiken des Modells sind, wie zukunftsfähig es ist und wie es sich auf unsere Gesundheit auswirkt.

Unsere Arbeitswelt verändert sich. Dank der Digitalisierung ist das Arbeiten in vielen Berufsfeldern von überall und zu jeder Zeit möglich. Dadurch verschwimmt die Grenze zwischen Job und Privatleben immer mehr. Das erfordert neue Lösungen für die Zusammenarbeit und unsere Gesundheit.

Expertenbild

Der Experte zum Thema

Tristan Horx

Zukunftsforscher (© Bild: Klaus Vyhnal)

Was ist der Unterschied zwischen Work-Life-Balance und Work-Life-Blending?

Unter dem Oberbegriff New Work entstehen viele neue Arbeitskonzepte. Die Work-Life-Balance ist ein sehr durchgesetzter Begriff. Damit ist eine klare Trennung zwischen Arbeits- und Privatleben gemeint. Tristan Horx, Zukunftsforscher und Speaker der Generation Y, erklärt es so: „Ursprünglich heißt Work-Life-Balance, dass man etwas Positives mit etwas Negativem balancieren muss. Den Begriff hat die Babyboomer-Generation geprägt: Man macht seinen Job zwar ungern, bekommt aber genug Geld, um sich damit ein Leben aufzubauen. Das hat lange funktioniert, doch die heutige Ökonomie gibt das nicht mehr her.“ Wirtschaftliche Faktoren wie die Inflation, aber auch der Wunsch nach Vereinbarkeit und nicht zuletzt die Digitalisierung erfordern Alternativen. „Deshalb brauchen wir ein zukunftsweisendes Modell, das Arbeit und Leben nicht mehr als getrennte Bereiche sieht: Work-Life-Blending.“ Dabei vermischen (englisch: to blend) sich die beiden vormals getrennten Pole: Wir integrieren vermehrt private Dinge in unseren Arbeitsalltag und andersherum. Vor allem seit der Coronapandemie setzen Menschen in vielen Berufen dies um, indem sie im Homeoffice arbeiten, selbstständiger agieren und sich ihre Zeit freier einteilen. „Dabei geht es darum, zu akzeptieren, dass wir keine Arbeitsroboter sind, sondern Menschen mit einem Leben, das wir ganz gern mit der Arbeit kombinieren würden“, sagt Horx.

Beispiele für Work-Life-Blending

Beim Work-Life-Blending ist es möglich, während der eigentlichen Arbeitszeit eine Pause einzulegen, um private Angelegenheiten zu erledigen. Dies kann ein kurzes Telefonat sein, eine Sporteinheit oder ein Arzttermin. Du bleibst zuhause, wenn Handwerker kommen, oder verlässt das Büro frühzeitig, um dein Kind aus dem Kindergarten abzuholen. Umgekehrt heißt es aber auch, dass du bereit sein solltest, dich während deiner Freizeit hin und wieder um geschäftliche Dinge zu kümmern. Dabei kann es sich um das Beantworten von Mails nach Feierabend handeln oder das Erledigen von To-dos am Wochenende.

Vorteile des Work-Life-Blending

  • Mitarbeiterzufriedenheit
    Dank flexiblerer Arbeitszeiten kannst du dir deine Zeit freier einteilen. Durch mehr Selbstbestimmung steigt häufig auch die Zufriedenheit.
  • Produktivität
    Gerade kreative Arbeit und Wissensarbeit lassen sich nicht so leicht in das traditionelle Nine-to-five-Modell zwängen. Gestaltest du deine Arbeit mit einem flexibleren Ansatz nach deinem eigenen Rhythmus, bist du oft produktiver.
  • Gesundheit
    Zufriedenere Mitarbeiter sind gesündere Mitarbeiter. „Der Großteil der berufsbedingten Erkrankungen von Arbeitnehmern ist psychischer Natur“, so Horx. „Und für die psychische Gesundheit ist es hilfreich, wenn du Wertschätzung erfährst und deine Bedürfnisse erfüllt werden.“ Darüber hinaus bleibt mehr Zeit für die körperliche Gesundheit: „Zu einer guten Work-Life-Blending-Kultur gehört auch, dass es ganz normal ist, während der Arbeitszeit zum Beispiel ins Fitnessstudio zu gehen. Die Integration von Sport und Bewegung in den Alltag funktioniert also viel besser.“

Risiken des Work-Life-Blending

  • Überstunden
    Wer vermehrt Aufgaben in der privaten Zeit erledigt, baut schnell Überstunden auf. „Du musst aufpassen, dass du nicht viel zu viel arbeitest, nur weil du beweisen möchtest, dass du auch ja nicht faul bist“, so Horx. „In diese Position darfst du nicht kommen.“
  • Vernachlässigung der Freizeit
    Auch darüber hinaus birgt das Gefühl, ständig erreichbar sein zu müssen und theoretisch jederzeit arbeiten zu können, das Risiko einer kontinuierlich schrumpfenden arbeitsfreien Zeit. Ein Modell, das mehr Freizeit erlauben soll, bewirkt somit das genaue Gegenteil.
  • Gesundheitsrisiken
    „Eine weitere Gefahr ist, dass du dich enormem psychologischen Stress aussetzt“, sagt Horx. Zwar steigen einerseits das Autonomieempfinden und die Zufriedenheit, andererseits fällt jedoch auch das Abschalten schwerer, was zu Überforderung und Überlastung führen kann. Ständige Erreichbarkeit und unscharfe Grenzen zwischen Beruf und Freizeit können innere Unruhe und Stress auslösen und eine verringerte Konzentrationsfähigkeit, Schlafstörungen sowie andere Symptome mit sich bringen.

Voraussetzungen für gelungenes Work-Life-Blending

Damit das flexible Arbeitsmodell funktioniert und die Risiken gering sind, sollten folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Akzeptanz
    Erwartest du als Arbeitnehmer, dass du während der eigentlichen Arbeitszeit persönliche Dinge erledigen kannst, musst du akzeptieren, dass du auch mal in der Freizeit geschäftliche Dinge erledigen musst. Für den Arbeitgeber gilt die Akzeptanz dieser Vereinbarung natürlich genauso.
  • Regelung der Verfügbarkeit
    Im Idealfall legst du mit deinem Arbeitgeber fest, wann genau du während deiner freien Tage erreichbar sein musst und wann es Ruhezeiten gibt, in denen Handy und Laptop auch wirklich ausgeschaltet bleiben.
  • Richtiges Zeitmanagement
    Für erfolgreiches Work-Life-Blending ist gutes Zeitmanagement gefragt. Du solltest wissen, wie und wann du wirklich produktiv und effizient arbeiten kannst, und deine Aufgaben sinnvoll priorisieren. Eine sorgfältige Zeiterfassung hilft, den Überblick über geleistete Stunden zu behalten und nicht grenzenlos Überstunden anzuhäufen.
  • Private Angelegenheiten ernst nehmen
    Es ist wichtig, berufliche und private Angelegenheiten gleichermaßen ernst zu nehmen. Fehlt es dir an Freizeit oder fällt es dir schwer, Grenzen zu setzen, solltest du mit deinem Vorgesetzten darüber sprechen.

Was bedeutet das für Arbeitnehmer?

Dass das Modell funktioniert, liegt in beiderseitiger Verantwortung. „Eigentlich müsste die Management-Ebene mehr Verantwortung übernehmen“, sagt Horx, „aber in der Realität ist es 50/50.“ Es hilft, die eigenen Belastungsgrenzen zu kennen und zu wissen, dass du nicht jederzeit leistungsfähig sein musst.

Wer in einem Unternehmen arbeitet, in dem das Modell Work-Life-Blending noch nicht etabliert ist, kann dies an seinen Vorgesetzten herantragen. „Dabei solltest du dir zunächst die Frage stellen, ob der Ansatz in deinem Beruf überhaupt sinnvoll ist. Im zweiten Schritt überlegst du dann, wie du das auch argumentativ belegen kannst.“ Vor allem in Bürojobs sind diese Maßnahmen häufig gut umzusetzen.

Ein wichtiger Tipp: „Du solltest versuchen, die Sprache des Arbeitgebers zu sprechen, also mit Aspekten zu argumentieren, die auch ihm Vorteile bringen. Eine höhere Produktivität empfinde ich als wichtigstes Argument. Diese bringt dem Unternehmen mehr Umsatz. Ein weiteres ist die Gesundheit und damit einhergehend eine geringere Ausfallquote“, so Horx.

Was bedeutet es für Arbeitgeber?

Work-Life-Blending bricht das traditionelle, starre Arbeitszeitmodell auf. Dafür müssen Unternehmen offen sein. „Das geht – auch wenn es platt klingt – natürlich nur mit einem gewissen Vertrauen“, sagt Horx. Auf dieser Grundlage könnten Unternehmen feste Parameter für Produktivität festlegen, die sich belegen oder widerlegen lassen. „Es ist ihre Aufgabe, Produktivität anders zu messen als in abgesessener Zeit.“ Mit diesen gesünderen Unternehmensstrukturen gehen dann häufig noch weitere Vorteile einher: „Gute Angestellte bleiben dem Unternehmen länger erhalten und kündigen seltener. Und es fällt leichter, junge Arbeitnehmer zu gewinnen.“ Kenntnisse im Change-Management helfen, den Übergang zu neuen Arbeitsmethoden so reibungslos wie möglich zu gestalten.

Work-Life-Blending: ein zukunftsfähiges Prinzip?

Arbeitgeber dürfen laut Horx nicht grundlos an einem veralteten Modell festhalten. „Wir befinden uns gerade an einem Übergang vom Industriezeitalter ins nächste Zeitalter“, sagt der Zukunftsforscher. „Es ist eine Illusion, dass ein Arbeitsmodell, das in einer Epoche gut funktioniert hat, auch in der nächsten noch das richtige ist.“ Viele Unternehmen sähen häufig nur die positiven Aspekte einer früheren Arbeitswelt. Horx regt zu einem Gedankenexperiment an: „Arbeitgeber können dieses Prinzip auch umdrehen und es positiv sehen: Freuen wir uns auf die nächste Stufe der Arbeitsevolution.“

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