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Mutter und ihre kleine Tochter sitzen auf dem Sofa, die Mutter hat einen Arm um das Mädchen mit trotzigem Gesichtsausdruck gelegt und sprcht mit ihr

Gewaltfreie Kommunikation mit Kindern

ArtikelLesezeit: 3:00 min.

Gewaltfreie Kommunikation ist eine wichtige Methode für einen achtsamen Umgang innerhalb der Familie, vor allem im Alltag mit Kindern und Heranwachsenden. Das Kind trödelt herum, die Große will die Spielkonsole nicht weglegen und das Zimmer sieht aus wie ... Da liegen die Elternnerven schnell mal blank – und genau das ist der große Vorteil der gewaltfreien Kommunikation: Sie beugt der Eskalation vor. Kommt es doch mal so weit, wirkt sie in solchen Momenten deeskalierend, hilft dabei, Emotionen in Worte zu fassen, und macht bereit für einen wirksamen Austausch.

Expertenbild

Die Expertin zum Thema

Katharina Meier-Batrakow

Kinderpsychologin und Expertin für Gewaltfreie Kommunikation mit Kindern, Bremen

Was ist der Hintergrund von Gewaltfreier Kommunikation mit Kindern?

Kinder sind direkt. Sie sagen, was sie denken, und zeigen, was sie fühlen – ganz ohne Filter. Für Erwachsene ist das manchmal herausfordernd. Wir sind oft so an Rücksichtnahme, Regeln und Erwartungen gewöhnt, dass uns diese ungefilterte Echtheit verunsichert. Wenn dann Bedürfnisse zwischen Klein und Groß aufeinanderprallen, Worte das Potenzial haben zu verletzen, und Missverständnisse in die Sackgasse führen, hilft ein achtsamer Kommunikationsstil. Er kann die Situation beruhigen und echte Gespräche ermöglichen. Gewaltfreie Kommunikation ist also kein Erziehungsstil, sondern eine Einladung, in stressigen Momenten wieder in Beziehung zu gehen. Auf Augenhöhe.

Woher kommt der Begriff Gewaltfreie Kommunikation?

Sprache kann verletzen. Das hat sicher jeder von uns schon einmal selbst erlebt oder bewusst oder unbewusst gegenüber einem anderen Menschen eingesetzt. „Der Begriff ‚Gewalt‘ bezieht sich in der Gewaltfreien Kommunikation (GFK) auf jede Form von Sprache, die verurteilt, beschämt, demütigt und so zum Beispiel den Selbstwert einer Person herabsetzen kann – also als psychische Gewalt bezeichnet werden kann“, sagt Katharina Meier-Batrakow. „Sprache formt unser Miteinander, und wenn wir drohen, bestrafen oder bewerten, können wir Kindern damit seelischen Druck machen.“ Das Ziel von Gewaltfreier Kommunikation ist, dem Kind auf Augenhöhe zu begegnen und einen Gesprächsraum zu gestalten, in dem sich Kinder sicher und gehört fühlen.

So können schon kleine Kinder diese Gesprächstechnik erlernen

Wer jetzt denkt, GFK sei nur etwas für ältere Kinder, die schon fähig sind, ihr Verhalten und das ihrer Eltern, Lehrer oder anderer Erwachsener zu reflektieren, liegt falsch. Denn laut Katharina Meier-Batrakow können schon kleine Kinder spielerisch lernen, Gefühle zu erkennen und zu benennen. Entweder durch Bilderbücher, Gefühlskarten oder durch gute Vorbilder. Wenn wir Erwachsenen unsere eigenen Gefühle in Worten beschreiben können, gucken die Kinder sich das gerne ab. Hilfreich sind Sätze wie „Ich sehe, dass du gerade wütend bist“ oder „Ich bin traurig, weil ...“ So müssen die Kinder nicht raten, was wohl gerade mit Mama oder Papa los ist, sondern lernen, das, was sie sehen und hören, mit einem bestimmten Gefühl in Verbindung zu bringen. Entscheidend sei nicht, so die Expertin, immer die richtigen Worte zu finden, sondern eine Haltung der Offenheit und des gegenseitigen Vertrauens einzuüben.

Üben, üben, üben – damit GFK im Alltag einen festen Platz hat

Eine wichtige Regel bei GFK ist, sich gegenseitig zuzuhören. Das ist im Alltag nicht immer möglich, weil immer etwas anliegt, die Gedanken beim nächsten Termin sind oder die Stimmung schon im Keller ist. „Manchmal kann es helfen, ehrlich zu kommunizieren, dass es gerade nicht passt“, so die Expertin. Wichtig sei aber, in dem Moment einen späteren Zeitpunkt zu vereinbaren, an dem gesprochen wird. In ganz dringenden Fällen sollte die akute Arbeit, der aktuelle Gedankenfluss oder Ähnliches gestoppt werden, um zuhören zu können. „Im Alltag kann es helfen, feste Zeiten zu schaffen, in denen jedes Familienmitglied Gehör findet, selbst wenn es nur ein paar Minuten sind. Und manchmal, für zwischendurch, reicht auch eine kurze, bewusste Zuwendung wie ein Blickkontakt oder ein bestätigendes Nicken.“

Wenn die Emotionen hochkochen: Keinen Druck ausüben

Gewaltfreie Kommunikation hilft auch in stressigen Zeiten aus der Eskalationsfalle: Es ist sinnvoll, in solchen Momenten nicht auf Druck oder Macht zu setzen, sondern sich zu fragen, was das Kind und man selbst jetzt gerade braucht. Wer die Bedürfnisse des anderen kennt, kann besser mit ihnen umgehen, selbst wenn sie gegensätzlich sind, etwa weil das Kind noch spielen und der Vater aufräumen möchte. So lassen sich Lösungen finden, die nicht im Streit enden.

Alte Muster erkennen und schon im Anflug abwenden

Viele von uns verhalten sich nach stark verfestigten inneren Mustern. Die gilt es bei GFK zu reflektieren und zu überwinden. „Der erste Schritt ist, sich dieser Muster überhaupt bewusst zu werden“, sagt Katharina Meier-Batrakow. „GFK ermutigt dazu, mitfühlend mit sich selbst zu sein, statt sich dafür zu verurteilen, wenn man in alte Muster zurückfällt. Durch Selbstempathie und Übung können Eltern neue Reaktionswege verinnerlichen, denn unsere Gehirne sind plastisch. Das heißt, ein Lernen und Umdenken ist immer möglich. Und dann braucht es ganz viel Übung, um neue Wege zu richtigen Autobahnen zu machen. Manchmal hilft auch Unterstützung, etwa in Elterngruppen oder durch ein Coaching.“

Kinder profitieren von Gewaltfreier Kommunikation ein Leben lang

Laut der Expertin profitieren Kinder, die mit GFK aufgewachsen sind, bis ins Erwachsenenleben hinein. Sie können so ein gutes Gespür für ihre Gefühle und Grenzen entwickeln – ihre eigenen und die anderer. Außerdem haben sie gelernt, Konflikte wertschätzend zu lösen, Verantwortung für ihr Handeln zu übernehmen und ihre Bedürfnisse zu äußern und zu vertreten. „Im Rückblick berichten viele Erwachsene, dass diese Art der Kommunikation ihr Selbstwertgefühl gestärkt und ihre Beziehungen positiv geprägt hat“, so die Expertin.

Gewaltfreie Kommunikation ist gelebte Achtsamkeit

„Gewaltfreie Kommunikation erfordert oftmals, dass wir innehalten, bevor wir sprechen oder reagieren. Und genau das ist gelebte Achtsamkeit“, sagt Katharina Meier-Batrakow. „Anstatt automatisch zu schimpfen oder zu urteilen, üben wir uns darin, die eigenen Gefühle und Bedürfnisse bewusst wahrzunehmen und die anderen Familienmitglieder zu hören und zu verstehen. So entsteht mehr Klarheit im Miteinander und auch Kooperationsbereitschaft, da es nicht mehr darum geht, wer Recht hat. Gerade im Familienalltag hilft das, Situationen bewusster zu gestalten und eine positive Verbindung statt Reibung zu fördern.“

Die eigene Mental Load ist ein wichtiger Faktor dafür, wie es uns aktuell geht und wie wir auf stressige Familiensituationen reagieren. Wie (nicht nur) alleinerziehende Eltern es schaffen, ihre Mental Load zu reduzieren, liest du in diesem gib8-Artikel.